Christian Kopp – ein Bauer als BIO-Nahversorger einer Region

Er hat von Supermarktketten die Nase gestrichen voll. Als MPreis im Dezember 2020 eine Ladung seiner BIO-Süßkartoffeln wegen der Form der Knollen (!) ablehnte, war’s klar: Schluss mit ‚lustig’. Er wollte nicht als BIO-Feigenblatt herhalten. Gesagt – getan. Der Haiminger BIO-Bauer Christian Kopp ist inzwischen zu einem bedeutenden BIO-Nahversorger der Region Mittleres Oberinntal geworden. Die verschmähten Süßkartoffeln verschenkte er übrigens.

Die Verschenk-Aktion war quasi der Grundstein für das BIO-Nahversorger-System im Mittleren Oberland.

Von konventioneller Rinderzucht zum BIO-Landbau

Der ‚Verkaufsschlager‘ von Christian waren einst BIO-Kürbisse, vor allem die orangefarbenen Hokkaido-Kürbisse. Als er 1992 den elterlichen Hof übernommen hatte war noch längere Zeit Rinderzucht angesagt. Nach dem EU-Beitritt wurden Hofschlachtungen verboten. Guter Rat war damals gefragt. Es war die Zeit, als just die Hokkaido-Kürbisse ihren Siegeszug in Tirol angetreten hatten. Heute züchtet er insgesamt 120 verschiedene Kürbissorten. 

Berge von Kürbissen liegen während der Haiminger Markttage vor dem BIO-Hof der Kopps in Haiming.

Christian stellte also den Hof auf BIO-Landbau um und setzte also auf BIO-Kürbisse, von denen er ab 2004 jährlich bis zu 200 Tonnen an die zu Großhändlern gewordenen Thaurer Bauern lieferte. Ein Jahr später ergänzte er die Palette um Zucchini, von denen er bis zu vier Tonnen täglich (!) anlieferte. Als die von ihm verlangten, nur Zucchini mit Längen von 18-22 cm zu liefern, war auch hier der Ofen aus. „Ich sollte offenbar den Zucchini flüstern, sie sollen nur 22 cm lang werden.“ 

Vier Jahre nach der BIO-Umstellung hat er sich dann erstmals von den Fesseln vieler Wiederverkäufer befreit. Er hatte einerseits nicht einsehen wollen, weshalb sich „die Natur an die Forderungen der Großhändler anpassen soll“ wie er es ausdrückt. Andererseits wollte er den Mehrwert seiner Arbeit nicht mit ihnen teilen. Als Mitglied der bäuerlichen Vermarktungsgenossenschat BIO vom BERG begann er vorerst mit der Belieferung von MPreis. BIO vom BERG gehört im übrigen nicht MPreis, wie viele vermuten. Allerdings gibt es einen weit zurückreichenden Vertrag zwischen den beiden, in dem MPreis die exklusive Belieferung zugesichert wird. Ich habe das HIER erklärt.

Christian Kopp beliefert BIO vom BERG mit seinen wunderbar schmeckenden Tomaten. Bild: Kopp

Bis zum ‚Süßkartoffelzwischenfall* verkaufte er über BIO vom BERG verschiedene Gemüsesorten an MPreis. Unter anderem lagen Melanzani, Gurken, Zucchini und Tomaten, Chinakohl und Sauerkraut aus seiner Produktion in den Verkaufsregalen. Auch das hat sich nun geändert. Christian setzt voll auf die bäuerliche Direktvermarktung über seine SB-Hofläden. Eine Ausnahme macht er: Eurogast Grissemann in Zams zählt zu seinen langjährigen Kunden und war immer bereit, faire Preise zu bezahlen. 

Das Motto vieler Supermarktketten ‚Friss oder stirb‘

„Ich sehe nicht ein, weshalb das bäuerliche Handwerk in Tirol überhaupt nicht anerkannt wird“ sagt Christian. „Alle brüsten sich, regionale Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Wenn man dann aber genauer hinschaut ist das meist ein Marketinggag.“ Ihm ist es auch passiert, dass er bei der Anlieferung vor die Entscheidung gestellt wurde, den schon lang vorher verbindlich vereinbarten Fixen Abnahmepreis zu senken oder das Gemüse wieder mit zu nehmen. Der Supermarkt könne die Waren zu diesem Preis nicht verkaufen. „Da fühlt man sich dann völlig verarscht, weil man dann sehen kann, dass die Waren zum selben Preis wie vorher in den Regalen liegen.“ Friss oder stirb ist offenbar das Motto der Gierkonzerne gegenüber den BIO-Bauern.

Romanesco ist ein überaus schmackhaftes Gemüse, vor allem wenn es aus BIO-Produktion stammt. Bild: Kopp

Importierte BIO-Waren ermöglichen höhere Profite

Hintergrund ist mit Sicherheit die Tatsache, dass BIO-Waren aus Spanien, Ägypten oder Italien im Einkauf für Supermärkte wesentlich günstiger sind. Mit anderen Worten: sie erzielen höhere Profite damit. Und das, obwohl die Waren nach Österreich gekarrt oder geflogen werden. Zudem schuften auch auf spanischen, ägyptischen und anderen südeuropäischen BIO-Äckern Menschen um, wenn’s hoch kommt, 5 Euro pro Stunde.

Ohne Hummeln oder Bienen keine Früchte

Die Tomatenzucht hat bei Christian Kopp einen großen Stellenwert. Unglaubliche 40 Tomatensorten züchtet er in seinen Folientunnels in Haiming. Aber Tomatenanbau ist nicht so einfach wie man sich das als Laie vorstellt. Ob Grüne Zebra, Ochsenherz und wie die Sorten alle heißen, in Tunnels gibt’s ein Problem: Wer bestäubt die Tomatenblüten? „Hummeln“, antwortet Christian. „Ich brauche in den Tunnels 2-3 Monate lang alle 14 Tage eine Hummel-Box, in der etwa 70 Hummeln leben. Die haben darin eigentlich genug Futter, fliegen aber deshalb aus, weil es ihr Instinkt ist, auf gelbe Blüten zu fliegen.“

Die bereits legendär guten BIO-Tomaten von Christian Kopp- Erhältlich während der Saison in seinen BIO-SB-Bauernläden. Bild: Kopp

Die Tiere leben im Durchschnitt 6-8 Wochen. „Wir könnten die Bestäubung selbst machen, das wäre aber sehr zeitaufwändig“ erklärt mir Christian. „Die Tomatenpflanzen müssten geschüttelt werden was aber keine Garantie ist, dass alle Blüten bestäubt werden.“ Weshalb eigentlich Hummeln statt Bienen? Weil Bienen stechen können, was Hummeln nicht tun.

Die Schadinsekten bekämpft er mit anderen Insekten, sogenannten Nützlingen, wie zum Beispiel mit Florfliegen. Immerhin entstehen dabei Kosten in der Höhe von 5.000 €. „Aber für meine Kund_innen ist’s klar: sie können Erdbeeren, Radieschen oder Tomaten essen ohne sie zu waschen. Denn Insektizide oder Pflanzengifte gibt’s bei uns nicht.“

Die BIO-Erdbeeren von Christian Kopp sind ein Verkaursschlager. Und können gegessen werden, ohne sie vorher zu waschen. Denn die sind nie mit Gift in Berührung gekommen. Bild: Kopp

Wie wichtig fleißige Bienen überhaupt sind schildert mir Christian an einem Beispiel. „Ich hatte in Magerbach ein Feld mit Zucchini. In der Nähe war ein Imker, dessen Bienen über den Inn flogen und die nektarreichen Blüten bestäubten. Die Ernte war dementsprechend gut. Als der Imker im darauffolgenden Jahr den Standort seiner Bienen wechselte verfaulten innerhalb einer Woche die Zuchini. Sie waren nicht mehr bestäubt worden.“ 

Fruchtfolge und das ‚Ruhen‘ eines Ackers

43 Hektar Anbaufläche erscheinen dem Laien in unserer Region viel zu sein. Was vielleicht für industrielle Anbaumethoden gelten könnte. Nicht aber für den BIO-Landbau. Denn da wird der Bodenfruchtbarkeit höchste Priorität eingeräumt. Stichwort: Fruchtfolge. „Bei mir kann eine Ackerfläche jedes 2. Jahr quasi ‚ausruhen‘“, sagt Christian. „Das erreiche ich entweder durch den Anbau von Getreide oder dem Einsähen von Leguminosen. Sie entziehen der Luft Stickstoff und lagern ihn in den Wurzeln. Eine hervorragende natürliche Düngung.“

Abendstimmung übe einem BIO-Acker von Christian Kopp. Bild: Kopp

Wenn er Erdäpfel, Mais oder Kürbisse anbaut muss der Boden im darauffolgenden Jahr entweder völlig ausruhen oder mit Getreide bebaut werden. Getreide ist ein sogenannter ‚Schwachzehrer‘, der den Ackerboden schont. Das ist der Hauptgrund, weshalb Christl’s Hof auf 17 ha Getreide, konkret Roggen und Dinkel anbaut. Allerdings: Hier wäre eine Direktvermarktung der gesamten Getreideernte nur sehr schwer möglich. Aber: in den SB-Hofläden gibts wunderbares Brot, das vom Haiminger Bäcker Rudigier mit dem BIO-Mehl des Hofes hergestellt wird. Auch hausgemachte Nudeln werden in den SB-Hofläden angeboten. Daher beliefert Christian die Bäckerei Therese Mölk mit Roggen und Dinkel für deren BIO-Brotsortiment.

Die wunderbaren Brote aus dem BIO-Mehl von Christian Kopp werden von der Haiminger Bäckerei Rudigier in traditioneller Handarbeit geformt. Erhältlich in seinen BIO-SB-Bauernläden.

Die SB-Hofläden von Christian Kopp

Ich habe seinen Hofladen in Haiming bei den Haiminger Markttagen entdeckt. Bei diesem großen Erntemarkt geht’s nämlich an Christl’s Hof so richtig rund, er wird quasi von Kürbissen eingerahmt. Seit ich den BIO-Hofladen zum ersten Mal betreten hatte bin ich ein sehr zufriedener Stammkunde geworden. Das Gemüse stammt aus seiner BIO-Produktion und die Preise dafür sind unglaublich fair. Für einen vollen Rucksack exzellentes BIO-Gemüse zahle ich kaum 10 Euro. Verschiedene BIO-Gemüsesorten sind bei Christian preisgünstiger als zahlreiche chemisch behandelten und über tausende Kilometer hergekarrte Sorten in Supermärkte.

In den SB-Bauernläden bietet er neben seinem BIO-Gemüse der Vollständigkeit halber auch Produkte an, die konventionell hergestellt werden wie Wurst, Eier, Käse und Milchprodukte. Sie stammen alle aus der näheren Umgebung und erfüllen mit Sicherheit die Bezeichnung: regional.

Seine Läden bauen auf die Ehrlichkeit der Kund_innen. Man kauft ein, rechnet den Gesamtbetrag aus und wirft das Geld in die Kassa. Seit neuestem kann aber auch mit dem Handy bezahlt werden. 

Wie schaut’s aber mit der Ehrlichkeit wirklich aus, wollte ich wissen. „Man glaubt es kaum, wie ehrlich die Leute am Land sind“, sagt Christian. „Ich habe bei allen fünf Hofläden nur 2 % Verluste. In einem Ort des Ötztales überstiegen sie satte 30 % worauf ich den SB-Hofladen dort schließen musste.“

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Was viele Kund_innen nicht wissen: Wer sich in den Läden unbeobachtet fühlt täuscht sich. Mit einer App kann er auf seinem Handy jederzeit ‚real-time‘ beobachten, was in den Läden vor sich geht. Und so hat er auch schon einmal einen ‚Kunden‘ geschnappt, der für 60 € Waren eingepackt hatte ohne zu zahlen. „Aber wir können damit natürlich auch sehen, welche Produkte nahgefüllt werden sollen.“

Die 5 SB-Hofläden von Christian Kopp

In Silz bei der SB-Tankstelle.

In Haiming am Hofgelände von Christl’s Hof

In Ötztal Bahnhof bei der Kirche

In Umhausen direkt an der Bundesstraße.

In Ötz befindet sich der größte seiner SB-Hofläden mit 100 m2 hinter dem Kassel.

Die Öffnungszeiten: 365/12/24

Seit kurzem bietet Christian auch noch Hanftropfen und Hanfcremen an. Er weiß, dass viele Menschen bereits beste Erfahrungen damit gemacht haben. Dass die Cremen und Tropfen nicht wirklich billig sind basiert auf der Tatsache, dass die Ölgewinnung in Deutschland sehr teuer ist. Mit den Tropfen werde ich jedenfalls bald einen Selbstversuch machen. Aber nicht wegen des berauschenden Inhalts sondern wegen der beruhigenden Wirkung, die das Einschlafen erleichtert. 

Innerhalb kurzer Zeit zum Verkaufsrenner geworden: das Hanföl von Chistian Kopp. Erhältlich in seinen SB-Läden.

Für mich gibt es einen weiteren Grund, in den SB-Hofläden einzukaufen. Denn nur dort gibt’s – natürlich saisonal – 40 Tomatensorten, 6 Melanzanisorten, vielen verschiedenen Zucchinisorten bis hin zu Kürbissen und den Erdbeeren. Deren Nachfrage übersteigt das Angebot jährlich drastisch. Christian plant deshalb, einen weiteren Folientunnel für Erdbeeren einzurichten.

Bevor wir etwas wegschmeißen wird’s verschenkt

Und was geschieht mit den Resten, die nicht verkauft werden können. „Wenn etwas übrig bleibt gebe ich es an Altersheime oder Sozialinstitutionen weiter. Bei den Tomaten gibt’s jetzt viele, die überreife Früchte von mir zu einem Superpreis beziehen, um Sugo auf Vorrat zu machen. Weggeschmissen wird nichts, vorher verschenken wir die Waren.“