„BIO, ökologisch und regional“. Das sind urplötzlich neue Töne im Lebensmittelhandel. Aber mit genau solchen Produkten versorgt uns in Tirol seit 17 Jahren eine Genossenschaft, die ausschließlich im Besitz von Bergbauern ist. Sie heißt „Bio alpin“, ihre Edelmarke heißt „BIO vom BERG“. Ein Tiroler Vorzeigemodell für Europa.
Seit der Gründung steht ein Mann an der Spitze dieser Genossenschaft, dessen Beharrlichkeit und Leidenschaft Marke und Genossenschaft zur heutigen Größe geführt hat: Heinz Gstir. Er ist mehr als nur ein Tiroler BIO-Pionier. Seine Leidenschaft für das freie Bauerntum, seine Konzentration auf ‚Gemeinwohl‘ und ‚Kreislaufwirtschaft‘, aber auch der vollständige Verzicht auf die giftigen „Segnungen“ der Chemieindustrie machen diesen Mann zu einer Ausnahmeerscheinung.
BIO vom BERG, die leuchtende Marke in der Hand von Tiroler Bergbauern
Das muss man sich einmal vorstellen: In Tirol verfügen wir über eine BIO-Marke, die zu 100 Prozent im Besitz von Bergbauern steht. Das ist einzigartig in ganz Europa. Dieses genossenschaftlich organisierte ‚Leuchtturm-Projekt‘ ist ein wahrer Schatz, von dem Bäuerinnen und Bauern europaweit nur träumen können. Denn der Mehrwert kommt nicht irgendwelchen profitgierigen Handelsriesen zugute sondern unseren kleinstrukturierten Bergbauernbetrieben.
Jetzt ehrlich, liebe Leser_innen. Wer von euch hat gewusst, wer und was hinter der Marke „BIO vom BERG“ steckt? Und jene, die diese Qualitätsprodukte kennen, nehmen vermutlich an, es handle sich dabei um die BIO-Eigenmarke von MPREIS. Das stimmt überhaupt nicht: Die Qualitätsmarke „BIO vom BERG“ ist seit jeher – auch trotz der zwischenzeitlich erarbeiteten Größe – im Besitz von BIO-Bauern. Und wird es auch bleiben.
An dieser Stelle möchte ich nicht nur eine Lanze für BIO, sondern auch gleich auch für diese bäuerliche Genossenschaft brechen. 17 Jahre Einsatz für die kleinstrukturierten Bergbauernbetriebe muss man erst einmal zusammen bringen. Und wir Konsument_innen sollten glücklich darüber sein, dass wir Lebensmittel kaufen dürfen, die ohne Gift und Gülle, dafür mit viel persönlichem Einsatz der Bergbäuerinnen und Bergbauern hergestellt werden.
Der Mehrwert kommt direkt den Bauern zugute
Für mich besonders überzeugend: Der ‚Mehrwert’ dieser Arbeit kommt den bäuerlichen Betrieben und nicht irgendeinem profitgierigen Handelskonzern zugute. Denn es sind ausschließlich die Genossenschafter, die über ihr eigenes Wohl und Wehe entscheiden. Aber das alles kommt ja nicht von ungefähr. Ich will hier nun aber jenen Mann vorstellen, der als treibende Kraft hinter dieser wahrhaft basis-bäuerlichen Initiative steckt. Eine Initiative, die sich dem Erhalt der Tiroler Bergbauernkultur verschrieben hat.
Mich hat’s spät genug interessiert, wer und was hinter der Marke steckt. Damals nämlich, im Herbst 2017, als ich mich auf die Spur von BIO-Betrieben in Tirol setzte und einen Termin mit der Sennerei Hatzenstädt vereinbarte. Ich wollte wissen, weshalb im äußersten Winkel Tirols eine BIO-Sennerei existiert und ob die Milch von den Bauernhöfen immer noch per Transportseilbahn angeliefert wird. (Den Blog dazu findet ihr HIER). Dass deren ‚Chef‘ Heinz Gstir gleichzeitig auch an der Spitze von BIO vom BERG steht war für mich eine willkommene Überraschung. War ich doch der irrigen Ansicht, BIO vom BERG sei die BIO-Marke von MPREIS. So ähnlich wie ‚Ja, natürlich‘ ein Label ist, das dem REWE-Konzern oder Natur*pur, das dem SPAR-Konzern gehört.
Heinz Gstir, der Tiroler BIO-Pionier
Die Erfolgsgeschichte dieser Urtiroler BIO-Marke ist untrennbar mit dem Namen des Nachkommens einer alt eingesessenen Bergbauernfamilie in Niederaudorf verbunden: Heinz Gstir. Ihr kennt ihn nicht? Kein Wunder.
Während die ‚Taten‘ großer Gülle- und Industriebauern, hochherrschaftlicher Rossliebhaber oder verstaubter Sesselfurzer der Landwirtschaftskammer in unseren Medien bedeutungsschwanger hinauf- und hinuntergeorgelt werden ist von den gemeinnützigen Taten zupackender Bergbauern wenig bis gar nicht die Rede. Und wer Heinz Gstir in einer Liste prominenter Tiroler Landwirtschaftsspezialisten sucht tut das lange und vergeblich. Aber das ist ja hierzulande nicht anders zu erwarten. Unsere Landwirtschaftspolitik ist mehr dem Schein als dem Sein, immer den Großen und sehr wenig den Kleinen verpflichtet. Und mit BIO hat die Tiroler Landwirtschaftspolitik außer in Lippenbekenntnissen und Sonntagsreden immer noch herzlich wenig am Hut.
Ökosoziale Marktwirtschaft
Heinz Gstir ist aus jenem Holz geschnitzt, das schon die ‚Bauernbefreier‘ wie Raiffeisen, Schultze-Delitsch oder Franz Michel Felder auszeichneten. Es war in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts die „ökosoziale Marktwirtschaft“, die ihn inspirierte. An ihr hatte er sich all die Jahre orientiert, als er begann anzupacken.

Soviel Geld kommt bei den herkömmlich wirtschaftenden Bauern an. Deshalb müssen die meisten in die Menge gehen. Mit all den nachteiligen Folgen für die Umwelt.
Als Bauer stellte er seinen Hof daher schon zu einer Zeit auf BIO um, als das von seinen Berufskollegen noch laut verlacht worden war. Er war es auch, der die damals notleidende Sennerei Hatzenstädt bzw. deren Genossenschaft zwischen 1990 und 1991 mit der Umstellung auf eine BIO-Sennerei vor dem ‚Sennereitod’ gerettet hatte. Daß damals aber auch noch alle 43 Milchlieferanten ihren Hof auf BIO umstellten gehört in die Kategorie ’unglaubliche Leistung’. „In Tirol gab es damals insgesamt 27 BIO-Betriebe, allein für Hatzenstädt haben wir aber 43 Betriebe auf BIO umgestellt“ lacht er rückblickend im Gespräch mit mir. Ganz so, als wenn es damals ein Honiglecken gewesen wäre. Die BIO-Sennerei Hatzenstädt gehört inzwischen zu den BIO-Vorzeigesennereien unserer Republik.
Gemeinwohl und regionale Wertschöpfung
Schon immer prägten zwei Worte das Tun des Heinz Gstir: ‚Gemeinwohl‘ und ‚regionale Wertschöpfung‘. Gemeinwohl könne nur erreicht werden, wenn das Handeln einer Gruppe von Menschen auf das „Wohl aller“ ausgerichtet sei, erklärt er mir. ‚Regionale Wertschöpfung‘ ist für ihn die logisch daraus abgeleitete Handlungsmaxime. „Der Geld- und Warenkreislauf muss weitgehend innerhalb einer überschaubaren Region bleiben, um das Gemeinwohl zu fördern.“ Worte, die in unseren neokapitalistischen Tagen wie aus einer anderen Welt stammend klingen.
Heinz Gstir belässt es aber nicht bei wohl klingenden Konzepten. So wird zum Beispiel die ganze Prozesswärme in der BIO-Sennerei Hatzensstädt schon längst mit Holz erzeugt, das von den Genossenschaftsbauern angeliefert wird. Das Geld verbleibt also schon beim Energieeinsatz bei den Genossen und damit in der Region. Dass die Sennerei auch noch zum größten Steuerzahler der Gemeinde geworden ist bezeugt die Förderung des Gemeinwohls und unterstreicht die Bedeutung dieser bäuerlichen Institution. Die logische Weiterentwicklung seiner Ideen findet immer noch in der Marke BIO vom Berg ihren Niederschlag. Dafür hat er meinen allergrößten Respekt!
Wie alles begann
2002 trafen sich einige BIO-Bauern in der ‚Kaiser-Gruppe‘ im Tiroler Unterland um Vermarktungsstrategien zu diskutieren. BIO hatte bei weitem noch nicht jenen Ruf, den es in Zeiten des Pestizidwahns, der Gentechnik und der Rückbesinnung auf regionale Kreisläufe besitzt. „Aber wir wollten etwas tun“, sagt Heinz Gstir rückblickend.
Einig waren man sich, dass man keine Rohmilch vermarkten wollte. Endprodukte mussten es sein, die man gemeinsam verkaufen wollte. Heinz Gstir vertrat in dieser Runde vorerst die BIO-Sennerei Hatzenstädt. Als dann Nägel mit Köpfen gemacht werden sollten fasste Heinz jenen ‚Job’ aus, den er heute noch inne hat: er wurde zum Obmann gewählt. Der Grund lag auf der Hand: Heinz hatte ja bereits ausgiebige Erfahrungen in der Vermarktung von BIO-Käse seiner Sennerei gemacht.

Lange hat BIO vom BERG keine Frischmilch verkauft. Man wollte veredelte Produkte anbieten. Jetzt aber gibt es sie, die wunderbare Heumilch von BIO vom BERG.
Die Genossenschaft heißt „BIO-alpin“. Die Handelsmarke „BIO vom BERG“
Als erstes musste eine ‚Firma‘ gegründet werden. Es konnte nur eine Genossenschaft sein, davon war Heinz Gstir von Anfang an überzeugt. Denn für ihn ist eine Genossenschaft ein „Edelstein“, wie er es ausdrückt. BIO-Alpin nannte sich dieser Zusammenschluss, der heute rund 600 Genossenschaftsbauern umfasst. Ausschließlich Bergbauern und meist mit Hofgrößen, die von der Landwirtschaftspolitik als ‚wenig lebensfähig‘ eingestuft werden.
- BIO-Schokolade
- Tiroler BIO-Bier
- BIO-Honig
Für mich steht Heinz Gstir mit seinem Engagement, seinem Wissen und seiner Einstellung in einer Reihe berühmter Männer wie Raiffeisen, Schultze-Delitsch und Michael Felder. Ihnen allen waren die stets am Rande des Existenzminimums wandelnden Kleinbauern ein Anliegen. „Die Genossenschaft BIO-Alpin mit der Marke BIO vom BERG tut was für die Bauern. Jene, die für uns produzieren, haben das Recht auf einen Mehrwert, der bei ihren Höfen ankommt.“
MPREIS ist seit 17 Jahren Partner von BIO vom BERG
„Wir hatten anfänglich nach Verteilern für unsere Endprodukte gesucht“, erzählt Heinz Gstir aus en Gründungstagen. Da war es ein Glücksfall, dass er mit dem legendären MPREIS-Patron Anton Mölk handelseins geworden war. „Per Handschlag“, sagt Heinz Gstir. „Anton Mölk hat gesagt, wenn ich nur die Hälfte meiner Versprechen einhalte, verzichte er auf Regalpreise und Listungsgebühren. Und so ist’s bis heute geblieben.“ Ein schriftlicher Vertrag zwischen BIO-Alpin und MPREIS besteht heute noch nicht. Und Gstir hatte erreicht, was er stets als oberstes Ziel seines Handelns betrachtet: Die Erträge der BIO vom BERG-Bauern liegen um durchschnittlich 20 % über jenen ‚anderer‘ BIO-Bauern.
Waren es 2002 zu Beginn der Genossenschaft 8 Produkte, so sind es heute rund 150. Der Umsatz ist von Null auf heute 12 Millionen Euro angewachsen. Tendenz: stark steigend. Den Marktanteil der BIO vom BERG-Marke in Tirol schätzt Gstir ungefähr auf der Stufe der ‚Großen‘ des Bio-Geschäftes ein. „Wir haben aufgeschlossen.“ Selbst in Deutschland sind BIO vom BERG-Produkte erhältlich. Etwa bei der Firma Wellig. Alle Zeichen stehen also auf Erfolg.
Qualität beginnt bei den Mitarbeiter_innen
„Dieser Erfolg hat viele Väter“ sagt Gstir. „Ich hatte all die Jahre immer das Glück, wertvolle Mitarbeiter gehab zu haben. Das hat bei der Sennerei in Hatzenstädt angefangen und sich dann auch bei der BIO-Alpin-Genossenschaft fortgesetzt. Ob auf der Ebene unserer Funktionäre, der Mitarbeiter und der Vorstände: es passt alles zusammen.“ Das Erfolgsrezept der Bio-vom-BERG-Produkte sei ohne die höchste Qualität der Mitarbeiter und Mitstreiter nicht umzusetzen, meint Gstir. „Mitarbeiter, die loyal zu den Zielen und positiv zu den Produkten stehen sind unsere Erfolgsformel.“
Heinz Gstir ist und bleibt sich dennoch einer Tatsche immer bewusst: „Unser Aufstieg als reine Bergbauern-BIO-Marke wäre ohne MPREIS kaum möglich gewesen. Wir sind gemeinsam mit MPREIS gewachsen. Das vergessen wir nicht.“
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