Der Name Prachensky steht in Tirol für Architektur, Kunst und Innovation. Ihr ‚gemeinsamer Nenner‘ ist eine Farbe, nämlich die Farbe Rot. Eine eben erschienene Biografie des Architekten, Künstlers und Visionärs Michael Prachensky weist ihn nicht nur als Liebhaber dieser Farbe aus. Er ist auch ein gewichtiger Mosaikstein innerhalb dieser Familie.
Ein Steinkreis für Seefeld
Ich erinnere mich noch genau, als ich erstmals mit dem Namen Michael Prachensky konfrontiert wurde: es war der 12. April 2012. Damals besuchte ich den von ihm initiierten, hochinteressanten Steinkreis in Seefeld. Ich geb’s zu: man kann leicht mit gutem Gedächtnis angeben wenn das Datum auf dem Bild quasi digital mitgeliefert wird. Wenig später lernte ich ihn dann persönlich kennen.

Der von Michael Prachensky initiierte Steinkreis in Seefeld. Eine Hommage an die Vergangenheit des Ortes.
Im Mai 2019 interviewte ich ihn in seiner Funktion als Obmann des Fischereivereins Kaiser Maximilian am Wildsee in Seefeld. Er bekleidet damit eine Funktion, die im Prinzip auch schon Kaiser Maximilian I. Ausübte. Seefeld hat den Ortsnamen ja nicht erfunden, was Maximilian zu verdanken ist. Er ließ zwei große Seen anlegen, um Fische für seine kaiserliche Tafel in Innsbruck zu züchten. Den Blogpost darüber könnt ihr HIER lesen.

Michael Prachensky als Obmann des Fischereivereins an seinem geliebten Wildsee samt wunderbarem Bergpanorama.

Bei meinem Besuchen von Michael Prachensky bretterten wir meist mit seinem Sportwagen durch die Gegend.
In den Folgejahren wurde mir bewusst, mit welch bemerkenswerten Persönlichkeit ich befreundet bin. Nun ist seine Biografie erschienen, die den visionären Architekten in seinen verschiedensten Rollen porträtiert: Als Künstler, Architekten und Visionär.

‚Ich bin kein Wandbehübscher‘ – Michael Prachenskys Buch ist im Berenkamp-Verlag erhältlich.
Rot wie Blut oder Rot wie Energie?
Die Farbe Rot ist unbestritten die ‚Familienfarbe‘ der Prachenskys. Der in Böhmen geborene Begründer der Dynastie, Josef Prachensky, kam auf seiner Wanderschaft Anfang des 20. Jahrhunderts zuerst nach Wien, engagierte sich bei den Sozialisten und lernte Leo Trotzki persönlich kennen. Nach seinem Umzug nach Innsbruck wurde er Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei Tirols. Das ‚Prachensky-Rot‘ wurde also quasi ‚politisch’ geboren.
Der vielleicht berühmteste und bekannteste Prachensky trägt den Vornamen Markus und war einer der wichtigsten Vertreter der malerischen Avantgarde in Österreich. Seine Werke haben eine Gemeinsamkeit: Die Farbe Rot fehlt auf keinem der Bilder. Sein in Tirol bekanntestes Werk ist der sechs auf acht Meter große Gobelin im Saal Tirol der Dogana zu Innsbruck. https://kurier.at/kultur/prachensky-reisender-durch-die-farbe-rot/716.357
Und Michael Prachensky? Auch er huldigt dieser Farbe aufgrund seiner Forschungsarbeiten. Sein explodierendes Rot erinnere ihn an die Farbe der gasdynamischen Plasmaöfen. „Rot ist für mich die Farbe der Energie“, sagt er. Die Farbe äußert sich sogar in seiner Architektur wie etwa beim Innsbrucker AGES-Gebäude oder beim ‚Roten Haus‘ in Hötting. Die von ihm entwickelte Rot-Farbenmischung wurde in Deutschland analysiert und mit einer speziellen RAL-Nummer versehen.

Michael Prachensky wie er leibt und lebt. Hier bei einem seiner Einreichung ‚Kunst im öffentlichen Raum‘ anlässlich des 500. Todesjahres von Kaiser Maximilian. Er schlug vor, die Tunnelgalerie der Seefeld-Bahn in der Martinswand golden anzumalen. Keine schlechte Idee, wie ich meine. Bild: Prachensky
Die von Daria Daniaux verfasste und eben im Beerenkamp-Verlag erschienene Biografie des in Seefeld wohnhaften Michael Prachensky bringt quasi eine Ordnung in seinen Lebensweg. Das Cover? Blutrot, klar. Interessant ist gleich einmal seine innerfamiliäre Einordnung, also der Stammbaum. Kurzbiografien der Verwandtschaft fehlen da ebenso wenig wie eine anschließende, ausführliche Darstellung seines architektonischen Wirkens. Großer Raum wird seiner Malkunst eingeräumt. Und zum Abschluss gibt’s eine vollständige Aufstellung seiner Ideen, andere sagen Visionen dazu.
‚Federführend‘ für seinen Vater tätig
Michael hatte mir einmal erzählt, dass er bei vielen Projekten seines Vaters Hubert Prachensky die Kärrnerarbeit zu verrichtet hatte und quasi im Hintergrund agierten. Michael, der an der Stuttgarter TU studiert hatte, war indes in Wahrheit an verschiedenen Großbauten ‚federführend‘ beteiligt. Ob bei der Planung der Technischen Universität Innsbruck, bei verschiedenen Gebäuden des Klinikbereiches in Innsbruck, der Innsbrucker Dogana oder dem Sport- und Kongresszentrum in Seefeld, Michael verrichtete meist die ‚Kärrnerarbeit‘ der Planung. „Mein Vater war halt ein richtiger Patriarch“ sagt er heute.

Michael war federführend für seinen Vater tätig. Hier sein Entwurf des Gebäudes der Tiroler Gebietskrankenkassa in Innsbruck. Bild: Prachensky
„Schluss mit der Schuhschachtel-Bauweise“
Und das alles, obwohl er eigentlich einer anderen Architektur das Wort redete. „Die anthroposophische Architektur möge sich durchsetzen“ schrieb er in einem Manifest. Denn: „In der Natur gibt es keinen rechten Winkel!“ Er fordert eine ‚organische Architektur‘, die dem Menschen viel näher liege. „Schluss mit der Schuhschachtel-Bauweise“.

Prachenksys ‚Rotes Haus‘ in Hötting: eines der ersten Niedrig-Energiehäuser in Innsbruck. Bild: Prachenksy
Die Visionen des Kunst-Architekten
Der Esprit dieses Mannes bahnt sich in seinen dutzenden Ideen, Entwürfen und Visionen Bahn. Es ist der Autorin zu danken, die Ideen Prachenskys akribisch gesammelt zu haben um sie in der Biografie zu präsentieren. Sie nennt diese Sammlung „Alternative Energien und Ökovisionen“.
Projekte mit Kultstatus: Talpino und Nuevo Atlantis
Ich will zwei dieser Visionen herausgreifen, die in Fachkreisen bereits einen Kultstatus besitzen. Zum Einen fasziniert mich heute noch das „Talpino-Projekt“. Dabei handelt es sich um ein Hochleistungssystem zur unterirdischen Querung der Alpen zwischen München und Mailand. Es wäre tatsächlich die Lösung des gordischen Verkehrsknotens. Wenn da nicht die Kosten wären. Nicht zufällig errang das Projekt 2004 den Jurypreis im Bereich des Staatspreisconsulting.
Sein ‚Nuevo-Atlantis-Projekt‘, das zweite Kultprojekt und an Kühnheit kaum zu überbieten. Es würde Europa mit Afrika am Eingang des Mittelmeeres zwischen Gibraltar und Marokko mit einem Damm zu verbinden. „Das Ziel ist es, den Meeresspiegel im Mittelmeer auf dem Plus-Minus-Nullniveau einzustellen um Schäden durch den Meeresspiegelanstieg – vor allem an Venedig – zu verhindern. Ein Schleuse würde den Weg für Schiffe, Fische und Wasser frei geben.

Pracheskys ‚Alpen-Metro‘-Vorschlag. Bild: Prachensky
Seilbahnen für Innsbruck?
Ein weiteres visionäres Projekt entwickelte er aus der Erkenntnis heraus, dass der öffentliche Nahverkehr in Innsbruck wesentlich langsamer ist als der Individualverkehr. Für ihn ist eine völlig neue Art von ‚Seilbahnen‘ eine der Lösungsansätze, die Innenstadt vom Verkehr zu befreien. ‚Talpino-Light‘ nannte er seine Entwürfe. Eine solche Bahn schlägt er zwischen der Markthalle Innsbruck und der Hungerburg vor. Man sollte solche Ideen ja nicht sofort und für immer ins Reich der Träume verweisen. Denn in vielen Städten dieser Welt werden bereits Seilbahnen zur Verminderung des überbordenden Individualverkehrs verwendet.
Gernot Swarovski-Langes hat ihm das vielleicht schönste Kompliment gemacht. Er bezeichnete ihn als „DaVinci von Tirol“ während ihn gute Freunde als „Zweistein“ bezeichnen.
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