Ein Spaziergang über das Imster Bergl gehört zum Feinsten, was das Tiroler Oberland zu bieten hat. Die Kombination aus wilder Romantik, zarter Schönheit und uraltem Kultplatz ist einzigartig.
Imst hat quasi alles in Griffweite. Hie die Rosengartenschlucht, durch die der Schinderbach sozusagen mitten durch die Stadt zu Tale donnert. Da das Bergl, ein knapp 20.000 Jahre alter Schotterhaufen, der vermutlich seit Jahrtausenden als Kulthügel dient.
Bevor ich bei der Imster Johanneskirche zum einem österlichen Spaziergang starte, erkunde ich die Frühlingsstimmung am Eingang der wunderbaren Rosengartenschlucht, einer wahrhaften Stadtschlucht. Ich will vor allem das einzigartige Häuserensemble fotografieren, das sich beim Eingang der Rosengartenschlucht an den Berg, mehr noch – in den Berg – drückt: die Bergl-Häuser. Diese für Tirol einmalige ,Häuserzeile‘ wurde nämlich in den riesigen, urzeitlichen Schotterhaufen getrieben, der sich inmitten der Bezirksstadt auftürmt.
Als Betrachter hält man kurz den Atem an, wenn man die Beschaffenheit des Bergl näher betrachtet: ein Haufen zusammengepresster runder Steine, die der Inntalgletscher vor 18.000 Jahren hier liegen gelassen hatte. Naja, bisher scheinen die Häuser unversehrt geblieben zu sein.
Spaziergang zu einer der ältesten Tiroler Kirchen
Der Spaziergang über das Imster Bergl besonders zur Karwoche erscheint mir keine Erfindung des Christentums zu sein. Ich nehme fix an, dass auf dem Bergl ein vorzeitlicher Kultplatz existierte, den sich die Christen dann ganz einfach „unter den Nagel rissen“. Und wie meist, wurde dann aus dem einstigen, jetzt ‚heidnischen‘ Kulthügel kurzerhand ein Kalvarienberg gemacht. Dass hier bereits im frühen 5. Jahrhundert n. Chr. eine Kirche gebaut worden war ist auch nicht wirklich verwunderlich. Führt doch die einstige römische Heeresstraße, die Via Claudia Augusta durch Imst. Und sicher hat sich das Christentum entlang dieser Straße schneller verbreitet als in den engen Seitentälern Tirols.
Bei der Johanneskirche beginnt der Kreuzweg, der bei der lieblichen Laurentiuskirche endet. Ich habe insgesamt 107 Stufen gezählt, nicht eingerechnet die Steigungen, die ohne Stufen auskommen. Der Aufstieg ist ein Genuss. Faszinierende Ausblicke in die wunderbare Rosengartenschlucht, auf den Muttenkopf und vor allem auf den Tschirgant, den ich als den Heiligen Berg des Oberlandes betrachte. (Siehe auch meinen Obsaurs-Blog dazu). Beim Aufstieg eröffnen sich faszinierende Blicke auf die Rosengartenschlucht und die Berge um Imst. Der Tschirgant erhebt sich einerseits drohend und andererseits beschützend über der Stadt.
Die heutige Laurentiukirche steht auf einem Platz, auf dem bereits im 5. Jahrhundert eine Kirche gestanden hatte. Deren Größe ist im Fußboden der heutigen Kirche mit schwarzen Steinen verzeichnet. Erst 1960 wurde eine Steinplatte gefunden, die aus der Frühzeit dieser Christengemeinde stammt. Sie zeigt das Christusmonogramm und ist in der Kirche zu besichtigen. Die Fresken zeigen die Krönung Marias, die Heilige Barbara und den Heiligen Laurentius. Deren Entstehung erfolgte im Jahre 1370. Das an der Rückseite der Kirche angebrachte Bild, die „Himmelfahrt Mariens“ ist das ehemalige Hochaltarbild der Imster Pfarrkirche. (Hier geht es zur historischen Beschreibung von Mag. Isabella Fritz-Egg.)
Pestkapelle und Porträtgarten
Der Spaziergang führt nach der Laurentiuskirche sanft ansteigend zur 1674 erbauten Pestkapelle. Damals fielen 20 % der Bevölkerung der Seuche zum Opfer. Dass die Pestkapelle keine Glascheiben besitzt hat einen guten Grund: Man nahm damals an, dass sich die Pest in geschlossenen Räumen schneller ausbreite und verzichtete deshalb auf eine Verglasung.
Ganz wunderschön habe ich einen kleinen Porträt-Skulpturenpark empfunden, der auf dem Gelände der Pestkapelle angesiedelt ist. Die Büsten von Astrid Lindgren und Janusz Korczak verweisen darauf, dass Hermann Gmeiner sein erstes SOS-Kinderdorf in Imst gründete.
Der wunderschöne Rundgang durch Imst führt auch an alten Bauernhäusern vorbei. Es ist ein Jammer dass viele – empfundene 100 % – ungepflegt vor sich hinrotten. Und das, obwohl Imst schon so viel von seiner architektonischen Seele für immer verloren hat. Gibt’s da niemand, der solche Gebäude für erhaltenswert hält? Und touristisch machen diese irgendwie historischen Bruchbuden auch keinen schlanken Fuss…
Der Spaziergang über Bergl und Pestkapelle endet bei der Pfarrkirche ,Mariä Himmelfahrt‘. Was mich an diesem Gotteshaus am meisten fasziniert sind die Fresken an der Südseite des Kirchenschiffs. Und da vor allem die Darstellung einer gotischen Stadt, die keinerlei Ähnlichkeit mit dem gotischen Imst aufweist.
Imst wollte zwar das gesamte Mittelalter hindurch zur Stadt erhoben werden, schaffte das aber aus einem einzigen Grund heraus nicht: Vor der geplanten Stadterhebung im Jahre 1312 hätten die Imster eine Stadtmauer bauen müssen. Da aber der Ort zu groß bzw. zu lang gestreckt war, hätte eine solche Mauer Unsummen verschlungen. Sie wurde nicht gebaut. Daher ist Imst erst seit 1898 eine Stadt. Ich bin mir sicher, dass der Freskenmaler deshalb beim zentralen Fresko der Gefangennahme Christi das biblische Jerusalem mit extra hohen und massiven Mauern versah. Nur um zu zeigen, wie eine echte Stadt aussieht…
Die Fresken an der Südseite sind noch in anderer Hinsicht interessant. Besonders ein Christophorusfresko aus 1484 imponiert mir. Aber auch eine Bergwerksszene aus dem 15. Jahrhundert ist wunderschön dargestellt.
Ein ganz besonderes Kreuz entdeckte ich am Friedhof von Imst. Neben dem Nordeingang wird vermutlich eines Hochseilartisten gedacht, der am 2. August 1928 offenbar vom Hochseil in den Tod stürzte.
Beim Gang durch die Stadt fiel mir erstmals etwas auf, das ich in einem eigenen Blog-Beitrag beschreiben werde. Ich weiß zwar, dass Imst die Stadt der Brunnen ist, wird doch der erste urkundlich erwähnte Name von ,sprudelnden Brunnen‘ hergeleitet („opido humiste“). Dass aber die Wässer der verschiedenen Brunnen auf eine völlig neuartige Methode hin untersucht worden sind finde ich toll: sie wurden nach der Kristallisationsmethode des Wasser-Propheten Dr. Masaru Emoto getestet.
Aber das ist Thema eines der nächsten Blogeinträge auf diesem Blog.
Danke für den guten Beitrag über das Bergl in Imst, Werner Kräutler. Bin selbst gebürtiger Imster, schon viele Jahre im Auslad wohnhaft, und diesen Bericht hab ich mit Freude gelesen. Er erinnert mich an meine Kindheit, wo ein Gang über das Bergl mit der ganzen Familie zu Ostern stolze Tradition war.
Viele Grüsse aus Norwegen,
Walter S.
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Danke auch. Alles Gute.
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Lieber Herr Kräutler,
Sie fragen in Ihrem lesenswerten Blog-Beitrag: „Gibt’s da niemand, der solche Gebäude für erhaltenswert hält?“ Ich kann Ihnen mitteilen: Doch, den gibt es. Allerdings führt der den Kampf gegen die Windmühlen.
Herzliche Grüße
Stefan Handle
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Ja, es ist ein Jammer. Imst ist ja teilweise – um ehrlich zu sein – eine Ausgeburt der Moderne. Verschiacht bis zur Unkenntlichkeit. Wenn man aber die kleinen Winkel in der Stadt anschaut, die teils uralten Höfe, dann erahnt man die einstige architektonische Schönheit der Stadt. Deshalb kann’s auch nicht hinhauen, das Stadtzentrum wieder zu beleben. Denn wer fühlt sich schon in dieser Architektur wohl? Ich glaube Ihnen, dass sie gegen Windmühlen kämpfen und kann nur sagen: tun Sie’s bitte weiter. Schönen Tag.
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Ja, und dennoch gibt es noch immer viel Erhaltungswürdiges. Mann muss es nur sehen, wie Sie bei Ihrem Streifzug durch die Stadt. Die von Ihnen angesprochene Architektur ist in der Tat nicht dazu geeignet, sich darin wohl zu fühlen. Aber mit ihr lässt sich mehr Geld verdienen. Und das ist entscheidend. Ja, ich werde meinen Weg weiter gehen. Ich kann kann gar nicht anders. Alles Gute.
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