Franz Hörl, ein richtiger Tiroler

Eine neue Dimension des Sommer-Tourismus in Tirol: Der Ersatz rauschender Wildbäche durch Schautafeln.

Was brauchen wir in Tirol rauschende Wildbäche? Ein richtiger Tiroler braucht Elektrizität. Damit er dauernd unter Spannung steht.

Es ist schon erstaunlich, wer alles in der Tiroler Tageszeitung krause Gedankengänge absondern darf. Früher nannte man Derartiges kurz und bündig „Schmiererei“. Aber was am 18. Dezember in der TT als „Gastkommentar“ veröffentlicht wurde, schlägt jedem – ich wiederhole – jedem Fass den Boden aus.

Da erbricht ein Wirtschaftskammerfunktionär, ehemaliger VP-Nationalrat, Obmann des „Fachverbandes der Seilbahnwirtschaft und Touristiker“ und Bürgermeister in einem sogenannten Gastkommentar seinen üblen, politischen Mageninhalt auf die verwunderten Tirolerinnen und Tiroler. Sein Name: Hörl. Franz Hörl.

Ja, er malt sogar den Teufel an die Wand.  Der Ausbau der Wasserkraft sei „für unsere Heimat eine Möglichkeit, Wohlstand und Entwicklung zu gewährleisten.“ Und suggeriert damit den unbedarften Leser_innen der TT: kein Wohlstand ohne zusätzlichen elektrischen Strom! Was ist, wenn uns die Lichter ausgehen? Das Problem dabei: Hörl weiß, dass das alles nicht stimmt. Und dass das genaue Gegenteil wahr ist. Trotzdem sondert er seinen ideologischen Sondermüll in der TT ab.

Die Fakten zur Tiroler Stromproduktion sind eindeutig und auch objektiv nachzuprüfen. Aber mit solchen filigranen Fakten setzt sich Hörl, gern ein Mann für‘s Grobe wenn’s gegen Alpenverein, CIPRA und andere Naturschutzorganisationen geht, erst gar nicht auseinander.

Zu Ihrer Information Herr Hörl:

Tirol produzierte 2012 einen Stromüberschuss von 1,476 GWh.

„2012 wurden in Tirol insgesamt 7.566 GWh (Gigawattstunden) Strom produziert. Der Stromverbrauch Tirols im Jahre 2012 belief sich auf 6.087 GWh. Somit erwirtschaftete Tirol 2012 eine rechnerische Stromüberproduktion von 1.479 GWh (zum Vergleich: Das neu geplante Wasserkraftwerk am Inn bei Polling soll 92,4 GWh produzieren). Den höchsten Stromverbrauch wies der Bereich Gewerbe und Industrie (2.089 GWh) auf, die privaten Haushalte haben insgesamt 1.476 GWh Strom verbraucht.“ (Tiroler Umweltanwaltschaft).

Diese Art des Wasserabgrabens heisst sinnigerweise 'Tiroler Wehr'. Bringt uns die TIWAG auch hiermit in Verruf?

Diese Art des Wasserabgrabens heisst sinnigerweise ‚Tiroler Wehr‘. Franz Hörl, ein echter Tiroler, scheint genau das sehr zu gefallen.

Dass der erzschwarze Hörl (Kenner unken, dass er selbst in finsterster Nacht noch einen Schatten wirft) für die völlig unnötige Wasserabgraberei der TIWAG und damit die Zerstörung von sechs Gletscherbächen Stimmung machen will, verwundert nicht wirklich.

Denn Hörl ist ein richtiger Tiroler:

  • Richtige Tiroler brauchen keine wild rauschenden Ströme, denen ist der Strom aus der Steckdose recht und lieb. Weil sonst müssten sie ja aus den Tälern abwandern.
  • Richtige Tiroler brauchen sehr viel elektrische Energie. Wie sonst könnten sie dauernd unter Spannung stehen?
  • Richtige Tiroler lieben Touristenmassen. Und die wiederum lieben den elektrischen Strom. Wie anders sind denn Skilifte und Seilbahnen zu betreiben bitteschön?
  • Richtige Tiroler hassen das „Alpenmuseum mit ein paar grünen Museumswärtern“. Die wollen begradigte Flüsse, Laufkraftwerke und Speicherteiche.

Und überhaupt: wer liefert den Saft für die Giga-Konzerte und andere Beschallungs-Foltern in luftigen Höhen und auf den vor sich hinschmelzenden Fun-Gletschern?

Hörl barmt derart herum, dass sich ein gänzlich uninformierter Mensch fragen muss: ja werfen die Menschen in Tiroler Seitentälern noch  Tranzfunzeln an, um abends zumindest flackerndes, schwaches Licht in die romantischen Zirbenstuben zu zaubern?

Um dann in einem Aufwaschen auch noch den Wirtschaftskammerfunkitonär heraushängen zu lassen: Es geht ja auch um Handwerk und Gewerbe in den hintersten Tälern. Die müssen offenbar alle zusperren und ihre Mitarbeiter_innen kündigen wenn nicht bald neue Wasser-Großkraftwerke in Tirol gebaut werden.

Um dann noch die Losung für die Sommer-Maschgerer, VP-Funktionäre, Mitläufer und dienstbare Geister und die biederen aber arbeitsamen Tiroler in Sachen Kraftwerksbau auszugeben: „Wir müssen uns nicht schämen für das, was unsere Vorfahren und wir selbst aus unserer Heimat gemacht haben.“ Hat irgendwer verlangt Herr Hörl, dass wir uns alle schämen sollten oder wollten?

Was will uns Hörl überhaupt sagen?

Um was geht’s diesem Mann eigentlich im Kommentar? Das, was er vorgibt ausbauen zu wollen ist bereits nachweislich in Tirol über alle Maßen ausgebaut: die Wasserkraft. Hörl kann also weder Wasserkraft noch Tirol meinen.

Ich nehme sehr stark an, dass es ihm um das Big Business geht. Um die TIWAG, um die Bauwirtschaft, die Seilbahnwirtschaft und so weiter.

Aber es geht ihm auch darum, seinen Frust über die Regierungsbeteiligung der Tiroler Grünen einmal so richtig publikumswirksam los zu werden. Denn ganz nebenbei zeigt VP-Hörl den Tiroler Grünen, den Mannen um Gebi und den Frauen um Ingrid, wo der Hammer hängt. Obwohl die das schon zur Genüge wissen und eh schon brav das tun, was die ÖVP anschafft. Und die jetzt wissen, dass der Satz stimmt: „Wer sich mit Hunden ins Bett legt, darf sich nicht wundern, mit Flöhen aufzuwachen.“

5 Gedanken zu “Franz Hörl, ein richtiger Tiroler

  1. Die Tiroler Volkspartei plant, dass Tirol bis 2050 energieautonom ist. Was ich persönlich sehr begrüße. Aber Energie ist nicht nur elektrisch, sondern auch fossil. Tirol will soviel Energie liefern können, dass wir in Zukunft auf Gas, Diesel und Benzin verzichten können. Nur mal zu Ihrer Information.

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    • Danke für Ihren Kommentar. Energieautonomie hieße, keine kWh Energie zu importieren. Also wir heizen dann auch mit Strom? Wieviel Gesamtenergie müsste dann Tirol aufbringen?

      Aber an was ich mich wirklich stoße: ÖVP und Tiroler Grüne schwafeln von einer Energiewende. Das ist etwas völlig anderes. Ja, noch was: die TIWAG legt noch ein Schäuferl drauf und spricht von ‚ökologischer Energiewende‘. Und das ist schlicht gelogen.

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  2. Wasserkraft kann im Winter nur sehr wenig Energie liefern. Genau zu dieser Zeit ist aber der Energiebedarf am größten. Im Sommer sind die „anderen Erneuerbaren“ schon so stark, dass die Wasserkraft immer uninteressanter wird. Die extremen Energieüberschüsse der Tiroler Wasserkraftwerke im Sommer dienen schon lange nicht mehr der Versorgung Tirols. Der Strom wird exportiert. Weitere Wasserkraftwerke lösen das Problem der „saisonalen Fehlverteilung“ nicht. Weitere Wasserkraftwerke machen den (europaweiten) Energieüberschuss im Sommer noch größer und lösen unser Problem im Winter nicht… So einfach is das.

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