Man möchte es kaum glauben: In Tirol gibt es immer mehr junge Quereinsteiger_innen, die in der Landwirtschaft und in der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel ihre persönliche Zukunft sehen.
Michael Huter aus Steinach am Brenner ist einer von ihnen. Seine Leidenschaft gehört den Ziegen, seine Lebensgrundlage möchte er sich mit handgeschöpftem Ziegenkäse, mit Ziegenjoghurt, Ziegenmilch und Kitzfleisch erarbeiten. Der Permakultur gehört eine weitere seiner Leidenschaften.
Gasthaus begründete eigenen Ortsteil
Knapp 800 Jahre lang stiegen im Wolf mehr oder weniger berühmte Reisende ab. In der Tenne wurden die Kutschen geparkt und um Stall die Rosse versorgt. Das Gasthaus Wolf hat quasi einen eigenen Ortsteil zwischen Steinach und Stafflach begründet. Kein Wunder, denn zum Anwesen gehörten einst neben einer Kapelle eine Schmitte und auch eine eigene Mühle. Das Wolf gehörte einst zu den bekannten und historischen Häusern an der alten Brennerstraße.



Bilder aus alten Tagen: der Wolfahof mit seiner Kapelle und der Mühle in Bleistiftzeichnungen. Bilder: Wolfahof
Der Bau der Brennerautobahn hat viele der einst altehrwürdigen Gasthäuser an der Bundesstraße im Lauf der Jahrzehnte finanziell stranguliert. Einige konnten sich über all die Jahre mit einer guten Küche und als ‚Biker-Gasthäuser‘ über die Runden retten, wie etwa der Wolf in Steinach. Im Februar 2020 entschlossen sich aber auch Christian und Bernadette Huter, die Türen ihres Gasthauses für immer zu schließen. Die Zukunftsaussichten waren zu unsicher. Ihre Entscheidung war auch der Tatsache geschuldet, dass Michael als Sohn des Hauses keinerlei Lust verspürte, die Gastwirtschaft weiter zu betreiben. Er hatte andere Ziele. Nicht nur für sich sondern auch für das altehrwürdige Haus.

Der Wolfahof heute mit dem kleinen SB-Selbstbedienungsladen für feinste Hofprodukte.
Lebenstraum Landwirt
„Ich habe schon sehr früh begonnen, meinen Lebenstraum zu realisieren“, erzählt mir Michael Huter bei meinem Besuch. Er habe schon früh gewusst, dass die Gastwirtschaft nichts für ihn sei. Sein erklärter Traum war es von klein auf, Ziegen zu halten und zu züchten. 2014 war es dann soweit, er kaufte sich drei Pfauenziegen und begann im Alter von 16 Jahren mit der Zucht. Der Ausdruck ‚Pfauenziege‘ für diese schwarz-weiße, vom Aussterben bedrohte Haustierrasse ist übrigens einem Lesefehler geschuldet. In alten Schriften war von einer „Pfavenziege“ die Rede. „Pfaven“ ist das rätoromanische Wort für „Flecken“. Und das V wurde meist als U gelesen. Eine Ziegenrasse jedenfalls, die ideal an gebirgige Landschaften angepasst ist.

Michael mit einem seiner vier Pfauenziegen-Böcke. Die gehörnten Gesellen sind allesamt handzahm und verschmust.
2019 hat er begonnen, die alten Stallungen des Wolfahofes zu sanieren, zwei Jahre später wurde ein Stall angebaut. Finanziert hatte er es mit seiner Ziegenzucht: Seine Pfauenziegen waren in Italien der Schweiz und auch in Tirol äußerst begehrt. Dann ein sogenannter Zufall: Der gleichaltrige Philipp Händer verliebte sich in die Schwester von Michael und ist stantepede vom Burgenland ins Wipptal gezogen. Das stellt sich nun als wahrer Segen heraus. Der künftige Schwager ist gelernter Maurer und von klein auf ein fanatischer Hobbykoch. „Ich hab’ Michael gefragt, ob er sich vorstellen könnte, dass ich mitarbeite“ erzählt Philipp. Gemeinsam absolvierten die beiden in ihrer Freizeit Milchverarbeitungs- und Käsekurse. Michael machte den ‚Facharbeiter Landwirtschaft’, Philipp zelebrierte am Obernberger See seine Kochkünste in der Tiroler Praxis, quasi. Im vergangenen November war’s dann soweit: die Verwandlung allerfeinster Ziegenmilch in Käse und Joghurt konnte beginnen. In der Milchverarbeitung übernahm Philipp quasi das Zepter, Michael arbeitet ihm diesbezüglich zu und kümmert sich vor allem um das Marketing und die Buchhaltung.




Pfauenziegen und die genetisch hornlosen Saanenziegen tummeln sich in ihren Laufställen.
Ziegenpatenschaften als Brücke zu den Konsument_innen
Als sich dann noch Helga Hager, Sennerin der ‚Schule der Alm im Valsertal‘ bereit erklärte, ihre Tauernschecken-Herde quasi als ‚Dauerleihgabe‘ im Wolfahof unterzubringen, war nicht nur der Milchertrag höher. Der Bestand wuchs auf 70 Ziegen, die sich im Frühjahr mit ihren Kitzen im Wolfahof tummeln. Denn die Kitze verbleiben bei ihren Müttern, obwohl dadurch der Milchertrag niedriger ist. „Weil es das Allernatürlichste der Welt ist, dass Babies ihre Mütter brauchen“ meint Michael. Helga brachte neben ihren Tauernschecken-Ziegen auch noch eine Idee mit, die sich in der Zwischenzeit als ‚wahrer Renner’ erwies: sie schlug Michael vor, Ziegenpatenschaften zu vergeben.
Es waren Studenten des Management-Centers Innsbruck, die vor zwei Jahren im Rahmen einer Studienveranstaltung unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Engl und Hochschullektorin Dr. Birgit Bosio Ideen für die Schule der Alm entwickelten. Darunter auch die Idee, Ziegen-Patenschaften zu vergeben.

Dr. Birgit Bosio und Prof. FH Dr. Christoph Engl vom Management-Center-Innsbruck waren entscheidend daran beteiligt, dass Ziegenpatenschaften so richtig ‚in‘ sind. Bild: Wolfahof
„Es ist fantastisch, wie interessiert viele Menschen sind, eine dieser Patenschaften zu übernehmen“, erzählt mir Michael. „Innerhalb kürzester Zeit haben wir 40 Ziegenpatinnen und -paten, die mit ihrer Patenschaft unterstreichen, wie wichtig ihnen Berglandwirtschaft und Ziegenhaltung ist.“ Ein weiterer, sehr gewünschter Effekt ist die Tatsache, dass die Pat_innen oft mit ihren Familien, mit ihren Enkeln zu Besuch kommen. „Besuche sind prinzipiell ohne Anmeldung möglich. Denn unsere Stalltüre steht jederzeit offen für alle, die sich für Landwirtschaft, für Ziegen und unsere Arbeit hier am Wolfahof interessieren.“ Auch die Ziegen freuen sich über Besuch, sie sind allesamt neugierig und ‚handzahm‘.

Dass Ziegen neugierig sind ist bekannt. Diese Saanenziege stellte sich sogar auf die Hinterbeine um mich zu begüßen.

Unverkennbar: die Kinderzeichnung zeigt eine Pfauenziege. Kinder besuchen den Stall des Wolfahofes oft mit ihren Eltern oder Großeltern, die Patenschaften für Ziegen übernommen haben. Der Wolfahof wird zum Erlebnis-Bauernhof.
Da ist es quasi logisch, dass die Paten auch Stammkunden der Hofprodukte werden. Und es sind Produkte, die mit Sicherheit sogar die Erwartungen von Feinschmecker_innen erfüllen. Mein Tipp: Ein neues, kleines SB-Ladele am Parkplatz beim Wolfahof ist immer geöffnet und bietet neben den Milchprodukten auch fantastische Ziegenwürste an.

Immer frisch: die sahnigen Ziege-Joghurt und Frischkäse samt Milch des Wolfahofes. Genuss pur.
Eines der Markenzeichen des Wolfahofes: Individuell erzeugter Ziegenfrischkäse
Philipp zaubert seit November 2022 in der zu einer Sennerei umgebauten einstigen Gasthausküche aus der qualitätsvollen Ziegenmilch drei Sorten von Frischkäse (Standard-Natur, Natur im Aschemantel und Kräuterfrischkäse) und Joghurt in ‚allen Schattierungen‘. „Wir erzeugen den Frischkäse auch ‚on demand‘ und richten uns nach den individuellen Wünschen der Kunden“, sagt Philipp. „Ob Frischkäse mit Honig, Preiselbeeren oder anderen Gewürzen“, ein Telefonanruf genügt. Der „Basilikum-Pesto-Frischkäse“ ist übrigens neben dem ‚Paprikakäse‘ ein gutes Beispiel für die Innovationskraft der beiden Ziegenfreunde.

Philipp bei der Herstellung der Ziegenkäse-Bällchen, die in feinstes Olivenöl eingelegt werden. Eine Spezialität des Hauses Wolfahof. Bild: Wolfahof.

Die Ziegen-Frischkäsebällchen sind im SB-Ladele beim Wolfahof Tag und Nacht erhältlich. Bild: Wolfahof
Auch die Vielzahl verschiedener Fruchtjoghurts hat mich einigermaßen überrascht. Die Qualität der Joghurts hat mich vollends überzeugt: sie löst wahre Gaumenfreuden aus. Neben dem wunderbaren Milchgeschmack ist es die sahnige Konsistenz, die Zunge und Gaumen schmeichelt und im Abgang einen wundervollen Nachgeschmack hinterlässt.
Die Milchqualität wird vom Futter bestimmt
Das alles ist nur mit allerfeinster Milchqualität möglich. Und die ist nur in sauberen, geruchsfreien Ställen und bestem, natürlichem Futter zu erzielen. Am Tag meines Besuches in Steinach brachten Helga Hager und Lehrer der ‚Schule der Alm im Valsertal‘ jenes Futter, auf dem Michaels Käsequalität grundsätzlich basiert: Gras und Heu von Bergmähdern. Es wurde nach alter Sitte von der Heupille zu Tal gezogen. In diesem Fall vom Bergmahd Ocherloch im Inneren Valsertal, das von Helga Hager unter Mithilfe der Schüler_innen der Schule der Alm im Sommer geerntet worden war.

‚Simelas‘ Erich, legendärer Hirte auf der Zeischalm, gehört zu den fanatischen Heuziehern. Hier lädt er das Bergheu ab.

Ein Gruppenbild mit Dame im Wolfahof-Ziegenstall. Von links: die Heuzieher Luis und Erich mit der Almsennerin Helga, dem Besucher Werner und dem Ziegenhalter aus Leidenschaft, Michael.
Michael arbeitet daher mit Mikroorganismen. Die sorgen dafür, dass man den üblichen Ziegengeruch im Stall erst gar nicht wahrnimmt. Dass er seine Tiere nicht mit Pharmazie sondern mit Homöopathie behandelt und im Winter Lavendelöl in deren Trinkwasser mischt um Erkältungen hintanzuhalten ist ein weiterer Aspekt, der bestimmend für die Milchqualität ist.
KONTAKTINFORMATIONEN
Telefon: 0664 216 26 56, Mail: wolfahof.wipptal@gmail.com
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