So geht BIO! Das BIO-Hotel Panorama in Mals

Ich betrachte es als eine Art ‚Vorläufer‘ des ‚Wunders von Mals‘: das BIO-Hotel Panorama in Mals. Gegründet von der Familie Steiner aus der Überzeugung heraus, dass nur eine ökologische Wirtschaftsweise Bestand haben kann. Nach großen Anstrengungen und viel Herzblut ist es heute zu einem Paradebeispiel für ökologisches Handeln, unternehmerischen Mutes und enkeltauglichen Denkens herangereift.

In einer losen Folge stelle ich in meinem Blog BIO-Betriebe im Oberen Vinschgau vor. Um zu dokumentieren, dass BIO vielfältig ist und Zukunft hat. Für diese Beiträge nehme ich selbstverständlich kein Geld. Sie sind Teil meines Engagements für das „Wunder von Mals“.

Das Panorama ist Italiens erstes BIO-Hotel. Das muss man sich einmal vorstellen. In den Anfangstagen bisweilen offen und lautstark verlacht ist es in der Zwischenzeit zu einem florierenden BIO-Vorzeigebetrieb geworden. Das „BIO-Hotel Panorama“ passt übrigens nirgends besser hin als in den Oberen Vinschgau und da nach Mals. Was bei der Gründung noch unbekannt war: 15 Jahre später sollte sich das Malser Stimmvolk mit einer unglaublichen Dreiviertelmehrheit gegen die Giftchemie und für eine natürliche, die biologische Anbauweise aussprechen.

Der Blick vom legendären Lechlhof auf das magische rätische Dreieck: Münstertal, Vinschgau und Reschengebiet.

Dosengemüse verdrängte die frische Ware

Eine bittere Erfahrung steht an der ‚Wiege‘ dieses BIO-Hotels. Friedrich Steiner (60) musste als junger Bub erleben, wie die erntefrischen Produkte des Hofes seiner Familie in Agums Anfang der 70er Jahre quasi über Nacht nicht mehr gefragt waren. Man glaubt’s ja kaum: Das Dosengemüse verdrängte die frische Ware. „Wir mussten mit unserem frisch geernteten Gemüse umdrehen und nach Hause fahren“, erzählt er. Und die Hoteliers? „Die scherten sich keinen Pfifferling um die lokalen Bauern“ sagt er heute.

„Ich habe mir damals geschworen, das zu ändern“ erzählt er mir, als ich ihn in seinem BIO-Hotel Panorama in Mals besuche. „Denn ohne Landwirtschaft gibt es keinen Tourismus, und ohne gerechte Preise gibt’s auch keine Bauern. Das beschäftigte mich als Bauernbub während meiner Kellnerlehre“ sagt er. Wir sitzen im gemütlich ausgestatteten Empfangsbereich des Hotels. Ein sympatisch-gediegener Geruch umschmeichelt die Nase. Etwas zwischen Bienenwachs und Pfefferminz. Oder doch eher Nelkenduft und Zimt? Was auch immer. Es ist heimelig und sehr angenehm hier.

Familiäres Ambiente

Das Haus – von außen betrachtet ein ‚normales’ Hotel – präsentiert sich unmittelbar nach der Türschwelle als durchaus ungewöhnlich. Irgendwie privat, besser noch ‚familiär‘. Da gibt es anstelle einer ausladenden Rezeption eine Bar und viele kleine Tische. Mehrere Räumlichkeiten gehen vom zentralen Eingangsbereich ab. Auffallend: eine Verkostungsecke für den hauseigenen Edelbrand. Aber dazu später.

BIO-Hotel Panorama

Die Chefleute des Panorama, Dorothea und Friedrich Steiner. ©BIO-Hotel Panorama

Friedrich Steiner kam vor 33 Jahren nach Mals, lernte Dorothea Schenk kennen, deren Vater das Gasthaus Panorama führte. 20 Busse machten damals täglich hier Rast und spuckten massenhaft Passagiere nach der Reschenüberquerung aus.  Das Gasthaus war mehr Rast- als Gaststätte. Und als er 1985 gemeinsam mit seiner Frau das Haus übernahm führte man über Nacht die Mülltrennung ein. Schon damals wurden die ideellen Grundsteine für das spätere BIO-Hotel gelegt. Der Mülltrennung folgte die Erzeugung hauseigener Marmeladen. „Dann haben wir versucht, Bauern zu motivieren, uns Gemüse zu liefern“, sagt Steiner. Aber die waren damals schon alle auf dem Spezialisierungstrip in Richtung Apfelzucht.

Sanfter Tourismus als Damaskus-Erlebnis

1992 war dann das Jahr des „Damaskus-Erlebnisses“ für Friedrich Steiner. Er besuchte eine heute bereits legendäre Veranstaltung in Hindelang zum Thema „Sanfter Tourismus“. Da reifte sein Entschluss: das Panorama soll zum BIO-Restaurant und Hotel werden. Zurück in Mals hat er als Vizepräsident des Tourismusvereines die Bauern gleich einmal zu einem Gespräch eingeladen. „Wir wollten ein Modell erstellen, bei dem die lokalen Höfe unsere Küche versorgen“, sagt er heute. Fehlanzeige, wie sich bald darauf herausstellen sollte. „Also habe ich eben angefangen, selbst einen großen Garten anzulegen. Ich pachtete rund 4.000 m2 Grund von der Gemeinde und ziehe seither mein eigenes Gemüse“, lacht er heute. In der Zwischenzeit führt Tochter Lena als Absolventin der Gartenbauschule und zertifizierte BIO-Gärtnerin das Areal. Sie baut 20 Sorten Tomaten, alle Kohlsorten, 10 Bohnensorten, Gurken, Zucchini etc. an plus 150 verschiedene Kräuter. Auch 70 % der Samen gewinnt sie selbst.

Die Familie Steiner wich nun keinen Millimeter mehr von ihrem BIO-Weg ab. Ein erster Lohn der Mühe war 1995 die Verleihung des Südtiroler Umweltsiegels für erfolgreiche Müllvermeidungs-Strategien, energetische Optimierungen und die mit großem Erfolg praktizierte regionale Küche mit (großteils eigenem Gemüse) und regionalen Produkten.

Die Idee BIO-Hotel wird Realität

1997 war es dann soweit: Das Gasthaus wurde zum BIO-Hotel. Der Zubau wurde selbstredend in der ökologischen Bauweise ausgeführt. In Holzständerbauweise gebaut und mit Lehm verputzt, mit Massivholzmöbeln und Netzfreischaltung ausgestattet. Jetzt blieb nur noch die Frage offen: wie machte man in Italien erfolgreiche Werbung für ein BIO-Hotel? In einem Land, in dem BIO damals ähnlich exotisch war wie ein Elefant am Nordpol.

Der „Umweg“ über Österreich brachte dann den Erfolg. Das BIO-Hotel Panorama wurde in eine erste Liste mit 12 österreichischen BIO-Hotels aufgenommen. Nun mussten nur noch die ‚richtigen Gäste‘ kommen, Menschen, denen gesundes Wohnen auch im Urlaub, Ruhe und Entspannung und vor allem eine regionale BIO-Küche etwas wert waren.

Auch hier war Friedrich Steiner innovativ. Eine Werbung mit kleinen Flyern in ‚Tonis BIO-Eiern‘, Kataloge in Bio-Kistln und gezielte Einschaltungen brachten bald den erwünschten Erfolg. „Denn“, so Steiner, „wir haben Menschen angesprochen, die auch im Urlaub nicht auf BIO und Regionalität der Speisen verzichten wollten“. ‚Mit Sicherheit genießen’ lautet seit damals die Kernaussage des Hauses.

BIO-Fleisch aus der Region

„Und woher kriegt ihr zum Beispiel das BIO-Fleisch“, wollte ich von Steiner wissen. Der Bezug von BIO-Fleisch entpuppt sich nämlich als schwierige Etappe auf dem Weg zu einem BIO-Restaurant. Steiner hat Verträge mit drei bis vier Fleischbauern und vereinbart die Preise schon vor der Aufzucht, erzählt er mir. Ein Bauer liefert zum Beispiel 20 Schweine, die im Alter zwischen sechs Monaten und 1 Jahr geschlachtet werden. Ein anderer liefert Schweine und Lämmer zum Beispiel aus Langtaufers. „Sicher kommt uns entgegen, dass es in Mals einen Schlachthof gibt“, sagt er. Mit seinem Metzger, der aus Glurns stammt und BIO-zertifiziert ist, vereinbart er dann, was mit dem Fleisch geschehen soll. Ob es auch zu Schinken, Speck. Salami oder zu Kaminwurzen verarbeitet werden soll ist die Frage. Und dann Steiner stolz: „Heuer habe ich nicht eine Wurst oder einen Schinken zukaufen müssen.“

Lehmverputz in den Ökozimmern

Dann wollte ich noch wissen, woher ein für meine Nase überaus sympatisch-erdiger Duft stamme. Das wollte mir Friedrich Steiner auf einer kurzen Besichtigungstour durch sein Hotel erklären. „Die Wände sind allesamt mit Lehm verputzt“, sagt er, als wir aus dem Lift steigen. Ich kannte Lehm-Kachelöfen, auch Lehmmauern an Häusern. Aber einen Lehmverputz in einem Hotel hatte ich bis dato noch nicht gesehen.

Und tatsächlich, ein leicht erdiger Duft umfächelt die Nase, bevor wir eines der Hotelzimmer betreten. Wo der erdige in einen harzig-süßen Duft von Zirbenholz übergeht. „Vollholz ist für uns in allen Belangen logisch“, bemerkt Steiner quasi nebenher. Was mir hier ganz besonders auffällt ist die Badewanne, die mitten im Zimmer steht und von der aus man die Aussicht auf das Münstertal in all seiner Pracht genießen kann. Für mich ist das echte Wellness, ungekünstelt und pur.

BIO-Hotel Panorama

Baden im Angesicht einer Traumlandschaft.

BIO-Hotel Panorama

Der grandiose Blick von einem der Zimmer auf Laatsch und das Münstertal bei Taufers.

Ruhe, Entspannung und Erholung wird im BIO-Hotel Panorama überhaupt groß geschrieben. Neben der Wohlfühloase ‚Ökozimmer‘ steht  den Gästen eine Liegewiese und die Saunalandschaft Acquaviva zur Verfügung.  Wohlbefinden auf allen Ebenen. Und der Ruheraum mit Ausblick zum Ortler firmiert in der Kategorie einzigartig.

Des Hausherrn Hobby ist das Destillieren feinster Brände

Ein nicht alltägliches Hobby hat Friedrich Steiner alpenweit bekannt gemacht. Und: es passt in einen Gastbetrieb wie die berühmte Faust auf’s Auge. Der Mann destilliert feinste BIO-Brände. „Ein Königsdisziplin der Produktveredelung“ lacht er, als er mir einen seiner prämierten Schnäpse zum Verkosten reicht. Der Quittenbrand ist ganz wunderbar. Samtweich und ohne Brennen überwindet er Mund und Gaumen und macht sich erst mit seinem noblen Quitten-Geschmack im Abgang bemerkbar. Selbst für normalerweise Schnapsabstinente wie mich – Ausnahmen bestätigen lediglich die Regel – ein Genuss.

BIO-Hotel Panorama

Die Passion des Patrons ist das Brennen hochprozentiger Fruchtauszüge, die im hoteleigenen Verkostungsraum genossen werden können. ©BIO-Hotel Panorama

Friedrich Steiners feine Brände werden sehr geschätzt und sind auch auf Märkten zu erhalten.

Das Angebot Steiners kann sich sehen lassen: 13 Qualitätsbrände aus Obst, darunter die regionale Palabirne, die Vinschger-Marille oder die Vogelbeere. Acht Grappas aus lokalen Rebsorten und 14 Edelliköre aus erlesensten Früchten und besonderen Beeren wie dem Schlehdorn runden das Angebot ab.

Für mich steht eines fest: Mals wird eines Tages zu einer BIO-Region. Und das BIO-Hotel Panorama bleibt ein Treffpunkt jener Urlauber, die BIO leben und genießen wollen.

Ein Gedanke zu “So geht BIO! Das BIO-Hotel Panorama in Mals

  1. Super! Es ist immer wieder toll zu lesen, dass es gewisse „Pioniere“ gibt! Gut 20 Jahre später, gibt es 11 Bio-Hotels in Italien, davon 9 in Südtirol! Super… Dazu noch die auch sehr nachhaltig agierenden Naturhotels! Freut mi, dass immer mehr auch an unsere kleinen Kinder und deren Zukunft denken!! 😉

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