Ein völlig anderer Urlaub in Corona-Zeiten

Helgas Alm im Inneren Valsertal ist Sitz der Schule der Alm

Helgas Alm im Inneren Valsertal ist Sitz der Schule der Alm

Wohin im heurigen Sommerurlaub? Etwas völlig anderes tun und machen?  Und das noch in einem der schönsten Täler Tirols? Das ist seit Jahren schon möglich.

Vor fünf Jahren haben wir im einzigartigen Valsertal die „Schule der Alm“ gegründet. Seither haben rund 200 Menschen die Möglichkeit wahrgenommen, einen sinnstiftenden Urlaub zu erleben. Für viele unserer Gäste war’s nach eigenen Angaben ‚der schönste Urlaub ihres Lebens‘.  Im Grunde vermitteln wir nur eines: Almarbeit ohne Maschinen.

Toilette auf Helgas Alm

Blick durch die Toilettentür auf Helgas Alm.

Ihr erinnert Euch sicher: ich habe in meinen Blogbeiträgen immer wieder kritisiert, dass mehr und mehr ‚geredet‘ aber immer weniger ‚getan‘ wird. Es wimmelt von Leuten, die alles besser wissen. Vorschläge durchrasen die Sozialen Medien auf ihrem Flug ins Nichts. Maulhelden aller Couleur überbieten sich in Ideen! Und noch ärger: immer mehr Zeitgenossen meinen sogar, unsere Zukunft könne mit blankem Hass gemeistert werden. Ich jedenfalls verstehe die Welt nicht mehr.

Dem täglichen Wahnsinn entgehen

Deshalb habe ich mir ernsthaft überlegt, wie ich dem täglichen Wahnsinn entrinnen kann. Aber wie geht das, sich quasi die Ohren zuzuhalten wenn politische Falotten fähnchenschwingend und in irgendeine Fantasietracht gekleidet von Heimat und Patriotismus grölen? Wenn Politiker_innen auf Knopfdruck lügen und blanker Hass zum politischen Werkzeug wird?

Heurast Ocherloch Schule der Alm

Rast im Heustock im Heustadl am Bergmahd Ocherloch

Gemeinsam mit Freunden habe ich eine Möglichkeit gefunden, dem Wahnwitz ein Schnippchen zu schlagen. Wir wollen dem Nihilismus, der geistigen Depression und der uferlos werdenden Respektlosigkeit etwas entgegensetzen. Etwas, das im wahren Sinn des Wortes dem Gemeinwohl dient: Die Schule der Alm.

Gemeinsam haben wir uns vorgenommen, in den kommenden Jahren ohne jede Bezahlung alles zu tun, um unser verfallendes kulturelles Erbe zumindest in Teilbereichen zu erhalten. Es geht um unsere Bergmähder und Almen. Und damit geht’s vor allem um den Fortbestand der Lebensgrundlage der wenigen noch verbliebenen Bergbäuerinnen und Bergbauern. Und: was wäre unser Sommer-Tourismus ohne blumenübersähte Bergwiesen und grüne Almen?

schwenden ocherloch

Schwenden am Bergmahd Ocherloch

Schwenden am Bergmahd

Bergmähder müssen gepflegt werden, damit sie ihre Bio-Diversität erhälten. Schwenden nennt man jene Tätigkeit, bei der nachwachsende kleine Fichten beseitigt und anschließend (mit Bewilligung) verbrannt werden.

Wir vermitteln alte handwerkliche Methoden

Dass es überhaupt noch Menschen gibt, die es sich antun, Bergbauern zu sein und die harte Arbeit auf sich zu nehmen, grenzt für mich an ein Wunder. Sie stehen einerseits unter dem Druck neoliberaler Gierhälse.  Sie müssten halt marktwirtschaftlich Denken, lassen ihnen Bauernpolitiker immer wieder ausrichten. Und das bedeutet: Die Landwirtschafts-Industrie bestimmt die Preise. Unsere Bergbauern sind da von vornherein auf der Verliererseite, Förderungen hin, Unterstützungen her. Zudem  existiert die bäuerliche Großfamilie ganz einfach nicht mehr. Das heißt: die Zeiten der ‚billigen‘ weil familieneigenen Arbeitskräfte ist vorbei. Und die wären nötig, um jene jahrhundertealten Kulturlandschaften zu erhalten, die kaum oder gar nicht mit Maschinen zu erreichen sind.

Lawinen- und Murenabgänge auf die Flittner-Alm von Freiwilligen beseitigt

Hier setzen wir von der Schule der Alm an. Wir wollen Menschen in die Lage versetzen, bäuerliche Arbeiten zu erlernen und später den Bauern und Almgemeinschaften als Freiwillige (gegen Kost und Logis) unter die Arme zu greifen. Wie es im Vorjahr geschehen ist, als rund 40 Freiwillige drei Wochen lang die verheerenden Folgen von mehreren Staublawinen und Muren beseitigten, die auf die Flittner-Alm im Valsertal abgegangen waren.

Flittneralm Innervals

40 Freiwillige folgten ‚Schüler der Alm‘ folgten 2019 einem Aufruf zur Mithilfe auf der Flittner Alm.

Kein Meister ist vom Himmel gefallen. Das gilt auch in unserer digitalen Zeit immer noch. Oder immer mehr, wie man’s nimmt. Wir versuchen also, den Teilnehmern an den Grundkursen wesentliche handwerkliche Tätigkeiten beizubringen. Wie zum Beispiel das Mähen mit der Sense. Oder das Heu machen und Heu einbringen auf dem Bergmahd.

Auch die Wiederbelebung alter Bewässerungskanälchen gehört dazu. 2016 haben wir im Rahmen der Schule der Alm drei „Waale“ auf ihren uralten Trassen wieder zum Leben erweckt. Diese Bewässerung dient nicht allein dazu, auch in Trockenperioden Bergheu ernten zu können. Das im Waal versickernde Wasser schädigt das sogenannte ‚Bürstling-Gras‘, eine von Tieren gemiedene und bei Bergbauern verhasste harte Grassorte. Zugleich stärkt das Wasser die kleinen Gewürzkräuter, die aus dem Bergheu eine wahre ‚Tiermedizin‘ machen.

Schülerinnen der Schule der Alm nach getaner Arbeit.

Schülerinnen der Schule der Alm mit ihren ‚Waalhauen‘ nach getaner Arbeit.

Einer von zwei Bewässerungskanälchen, die von Schüler_innen der Schule der Alm im Jahr 2016 auf deren alten Trasse wiederbelebt worden sind.

Einer von zwei Bewässerungskanälchen, die von Schüler_innen der Schule der Alm im Jahr 2016 auf deren alten Trasse wiederbelebt worden sind.

Die Symbole der einst stolzen bäuerlichen Tradition in Tirol brechen zusammen

Was mich in Tirol immer wieder aufregt ist die Tatsache, dass uralte Schupfen und Heustadel vor sich hinfaulen und zusammenbrechen. Diese Symbole bäuerlicher Arbeit und bäuerlichen Stolzes werden zwar in Hochglanz-Prospekten der Tirolwerbung gerne verwendet. Auf deren Erhaltung legt der Tourismus aber offenbar keinen gesteigerten Wert. Das würde ja Geld kosten! Offensichtlich genügt es, den Gästen Fotos dieser einstigen Kleinode zu zeigen… Nur von Obertilliach ist mir bisher eine Aktion bekannt, die sich der Pflege dieser hölzernen Heuhütten, den ‚Schupfn‘ widmet.

Grund genug für uns von der Schule der Alm, noch bestehende und baufällige Schupfn zu renovieren. Das heißt, wir unterstützen die Bäuerinnen und Bauern mit Arbeitsleistung unserer ‚Schüler_innen‘. Wir hatten mit Hans Pernkopf auch einen Schindelmacher zur Hand, der auch das Legen von Legschindeldächern meisterhaft beherrscht. Und Erich Gatt, der Trockenstein-Baumeister sortge dafür, dass die Grundmauern des Stadls wieder halten.

Unter der Leitung des bereits legendären Trockenstein-Mauer-Künstlers Erich Gatt, Oberhirte auf der Zeischalm, wurden die Fundamente des Stadels generalsaniert.

Unter der Leitung des bereits legendären Trockenstein-Mauer-Künstlers Erich Gatt (links im Bild), Land-Art-Künstler und Oberhirte auf der Zeischalm, wurden die Fundamente des Stadels generalsaniert.

Die Rückkehr des Schrägezaunes ins Valsertal

Irgendwie können wir schon stolz sein:  Unter Anleitung von Luis Gatt, der auch das nötige Holz geschlagen hatte, ersetzen heute bereits mehrere hundert Meter Schrägezaun die einstigen Lattenzäune. Diese uralte Zaunform kommt ohne Nägel aus  und wird im Herbst ganz einfach ‚umgelegt‘. Damit die Lawinen über den Zaun hinwegbrausen und ihn nicht mitreissen.

Kräuter erkennen, sammeln und verwenden

Auf große Resonanz bei den Teilnehmer_innen der Grundkurse ist die angebotene Kräuterkunde gestoßen. Eli Mayr, unsere Kräuterfachfrau, macht den Teilnehmer_innen so richtig Lust, sich in der Apotheke der Natur in Zukunft etwas genauer umzuschauen und selbst Kräuter zu sammeln.

Helgas Ziegenherde ist die Attraktion der Schule der Alm

Was wäre ein Alm ohne Tiere? Richtig: Gar nix. Helgas Tauernschecken-Herde trägt wesentlich dazu bei, das Arbeiten auf der Alm so richtig spannend und schön zu gestalten. Und: viele Menschen versuchen sich das erste Mal im Melken. Gewöhnungsbedürftig aber keine Kunst.

Ziegenherde am Ocherloch

Helgas Ziegenherde am Bergmahd Ocherloch

Helgas Alm Ziegen

Spaziergang der Kursteilnehmer_innen mit den Ziegen von Helgas Alm zum Bergmahd.

Der kulinarische Nebeneffekt ist Helgas Ziegen-Frischkäse, der sicher zu den besten seiner Art in Tirol gehört und natürlich auf der Alm verkostet werden kann.

Helgas Alm Ziegenkäse

Helgas Ziegenkäse – ein Hochgenuss auf Helgas Alm.

Grundkurse im Corona-Jahr 2020

Wir wissen derzeit (1. Mai 2020) noch nicht, ob wir die Grundkurse in der bewährten Form mit 10 Teilnehmer_innen durchführen können. Aber: wir sind sehr optimistisch, dass das möglich sein wird.

  1. Grundkurs: Leider ausgebucht!
  2. Grundkurs: Leider ausgebucht!
  3. Grundkurs: 06.08. – 08.08.2020 (Aufenthalt: 05.08 – 09.08.2020)
  4. Grundkurs: 12.08. – 14.08.2020 (Aufenthalt: 11.08 – 15.08.2020)

Wir wissen noch nicht wirklich, ob Teilnehmer_innen aus dem Ausland anreisen dürfen. Deshalb bieten wir die Möglichkeit für österreichische Interessent_innen, sich für die ersten beiden Termine auf eine ‚Warteliste‘ eintragen zu lassen. Wenn die angemeldeten Teilnehmer_innen nicht kommen können rücken quasi die ‚Ersatzteilnehmer_innen‘ nach.

Bei den Terminen  3 und 4 sind noch Restplätze frei. Da sind Buchungen natürlich noch möglich.

Buchungen sind unter diesem Link möglich: https://www.wipptal.at/de/schule-der-alm/grundkurs/

Wartelisteneintragungen bitte per Mail an Frau Helga Beermeister von Wipptal-Tourismus richten: h.beermeister@wipptal.at

Wir verzichten auf jede öffentliche Förderung. Deshalb sind wir auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Unser Mitgliedsbeitrag beträgt 20 Euro.

„Schule der Alm, Verein zur Erhaltung von Almen und Bergmähdern“, IBAN AT85 2050 3033 0180 6737, BIC SPIAT22XXX

Mitglieder erhalten Sie das Mitgliedermagazin. Bitte vergessen Sie bei e-banking Überweisungen nicht, ihren vollen Name und die Adresse anzuführen.

Weiterführende Informationen:

Schule der Alm

Helgas Alm

Mitgliedermagazin „Beisswurm“

Videofilme der Schule der Alm auf Youtube